„Etwas Besseres habe ich noch nie getan; sich vom Samen eines Mannes befruchten zu lassen, war ihre größte bisherige Errungenschaft als Tochter.“
Opernsängerin Iris Schiffer steht kurz vor dem großen Durchbruch. An der Metropolitan Oper soll sie den Cherubino in Mozarts „La nozze de Figaro“ singen, bei den Salzburger Festwochen die Sophie in „Sophies Choice“. Doch jetzt ist sie schwanger. Entweder von ihrer Affäre Ludwig, dem krawattentragenden, verheirateten Familienvater, der nicht vor hat, seine Frau zu verlassen, aber Iris verehrt. Oder von ihrem Lebensgefährten Sergio, dem ihr treu ergebenen Opernstar. Wer von beiden der Vater ist? Iris weiß es nicht. Will es nicht wissen. Alles was zählt ist das Kind. Und sie selbst. Und die Zeit mit Ludwig.
Kind und Karriere? Ist beides möglich und wenn ja, wie? Geht Frau daran zu Grunde? Oder macht es sie nur noch stärker? Ungerecht ist vor allem eines: Mit 39 zählt Iris schon fast zu den Alten, während Mann ab da erst richtig interessant wird – auch in der Opernwelt.
Mit „Cherubino“ liefert die studierte Biologin Andrea Grill einen Roman, der in die Seele einer Frau mit einer funkelnden Profession blicken lässt. Die Opernwelt und die Schwangerschaft als eigene Biotope mit eigenen Regeln. Kann Iris darin bestehen?
Andrea Grill, Cherubino, Zsolnay, 2019, 320 Seiten, 23,65- Euro