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Heute kommt mein Mann zu Wort: Fünf Kinder, 2243 Kilometer und das neue Elektroauto

Heute kommt mein Mann zu Wort: Fünf Kinder, 2243 Kilometer und das neue Elektroauto

Unser Norddeutschland-Reisebericht

Schon in den letzten Wochen freuten wir uns auf unseren Urlaub. Genauer gesagt auf unsere „Reise“, wie wir den Kindern gesagt haben. Wir waren uns schliesslich nicht hundertprozentig sicher, ob all die geplanten Zwischenstationen und vor allem die Fahrt mit unserem neuen E-Auto auch wirklich so glatt und kindertauglich sein würden. Immerhin war eine Fahrstrecke von über 2200 Kilometern geplant. Ich habe mich daher im Vorfeld unserer Reise einigermaßen intensiv mit den Lademöglichkeiten in Deutschland beschäftigt. Und mit den grundsätzlichen Fragen: Wie schnell soll man fahren? Wie oft laden? Besser schneller fahren und öfter laden oder umgekehrt? Wo sind die Ladestationen, die kinderfreundlich sind? Wo sind Ladestationen mit mehreren Anschlüssen? Man will sich ja auch nicht anstellen, wenn man schon eine längere Ladepause vor sich hat und das Auto voller quängelnder Kinder ist. usw und sofort.

Im Frühsommer hatten wir ja in Italien bereits eher bescheidene Erfahrungen gesammelt. In Bibione gab es 5 (fünf!!) öffentliche Ladepunkte. Am Tag der Rückreise habe ich damals meinen Vormittag mit Laden verbracht, während die Kinder badeten. Aber das ist eine andere Geschichte.

In Deutschland ist das jedenfalls ganz anders. Das Land ist gefühlt vollgestopft mit Ladestationen. Wir hatten niemals Probleme, eine Ladestation zu finden und mussten niemals warten. Es gibt in Deutschland offensichtlich nicht genug Elektroautos für all die Ladestationen und unser Auto konnte mit einer maximalen Ladeleistung von 100 kW/h  die maximale Leistung der Ladestationen praktisch nie aufnehmen (bis zu 360 kW/h). 

Das erste Reise-Tief oder: Alles anders als geplant 
Wie gesagt, ich hatte unsere Fahr- bzw. Ladestrecke im Vorfeld minutiös geplant. Es begann aber ganz anders als geplant. Wir fuhren nachts um 3 Uhr 30 los. Bei Starkregen. Bis Passau brauchten wir gute 2 Stunden wegen des Wetters. Dann war der Akku das erste Mal fast aus. Unser E-Auto hat als Bus naturgemäß einen hohen Windwiderstand. Regen, eine quasi überflutete Fahrbahn und die Heizung (die Kinder sollten im Warmen gut weiterschlafen) saugten den Akku leer. Nach 154 Kilometern in 2 Stunden brauchten wir daher bereits den ersten Ladestop (Dauer: 20min). Dabei wurden die Kinder wach und meine Frau begann unruhig zu werden. Hier hatten wir unser erstes kleines Tief. Gott sei Dank gab es an der nächsten Raststation in Wernberg-Köblitz eine prima Ritterburg mit integrierter Rutsche und damit war für die Kinder der Urlaub quasi schon geritzt. Ich musste heilig versprechen, am Rückweg wieder hier Halt zu machen. Nur die beiden großen Kinder schauten noch etwas müde drein, denn die Ritterburg war für „bis 10 Jahre“. Umso mehr freuten sie sich darüber, sich beim Kaffeetrinken beteiligen zu dürfen. Insgesamt dauerte der Halt viel länger als fürs Laden nötig gewesen wäre. Dieser Umstand wiederholte sich im Laufe des Rests der Reise immer wieder. 

Federball und Fangen spielen: So macht Laden Spaß
An der nächsten Raststation (Schleiz) gab es haufenweise Ladepunkte und wir waren allein auf einem riesigen Parkplatz. Die Großen begannen hier ein recht fröhliches Federballspiel, während die Kleinen wie losgelassene Hunde Fangen spielten. Das Auto war längst auf 100% als wir weiterfuhren. In Nordhausen gingen wir während des Ladens kurz Einkaufen und konnten dann über Nacht in unserer Unterkunft im Harz wieder vollladen. (675km) 

Von hier aus durchquerten wir am nächsten bzw. zweiten Tag den Nationalpark Harz – auf der Sattellitenkarte einer der größten grünen Flecken in Deutschland. Allerdings fuhren wir hier kilometerweit durch tote Fichten-Wälder. Ein schauriges Erlebnis. 

Tag 2-5: Magische Nordsee

Bis an die Nordsee nach Wremen ins Land Wursten waren 2 Ladestopps (1x20min und 1x11min) nötig.- Ja das heißt übrigens wirklich so und die Leute sind stolz darauf Das Wort hat aber nichts mit Wurst zu tun, sondern kommt von „Wurten“ – Aufwürfen- auf denen die Häuser standen bevor es Deiche gab. Die Kinder durften sich auf dem Weg einen Film anschauen. Insgesamt war dieser Abschnitt sehr entspannt (326km). Auch hier war vollladen in der Unterkunft möglich. 

Die Nordsee erlebten wir, wie man sie sich vorstellt. Rau. Stürmisch. Kalt. Mit beeindruckenden Gezeiten, die das kilometerweite Wattenmeer freilegen. Wandern am Meeresgrund. Aus unerklärlichen Gründen hat es uns immer wieder hingezogen zu diesem Meer. Es hat eine besondere Ausstrahlung von Natur in ihrer ganzen Schönheit. 

Tag 5-7: Weiter aufs Schiff 
Von Wremen nach Kiel (172km) war kein Ladestopp nötig. Bei Wischhafen/Glückstadt kann man die Elbe mit einer Fähre überqueren und so mussten wir nicht durch Hamburg fahren. Während wir in Kiel auf unser Schiff nach Oslo warteten, luden wir das Auto mitten im Zentrum auf und vertrieben uns die Zeit mit einem Stadtspaziergang.  

Schiff ahoi
Dann begann unsere „Minikreuzfahrt“ nach Oslo. Das Sommer-Angebot der Firma: Kinder unter 16 fahren gratis mit. Da haben sie nicht mit uns gerechnet! Wir hatten unheimliches Wetterglück und konnten beim Aus- und Einlaufen die ganze Schönheit des Osloer Fjords bewundern. Ein Land zum Auswandern – ist meine Frau überzeugt. Als Zwischenstopp konnten wir einen halben Tag lang Oslo besichtigen, was tatsächlich sehr gut möglich ist in dieser Stadt. Den Kindern haben wir das als Stadtwandertag verkauft und ihnen danach den Besuch des Rutschenbades am Schiff versprochen, was sie einerseits richtig motiviert und andererseits echt riesig gefreut hat.  

Tag 7-11: Ostsee-Feeling
Nach unserer Schiffsreise ging es weiter von Kiel nach Boltenhagen an die Ostsee, auf dieser Fahrt (150km) war kein Ladestopp nötig. Angekommen in Boltenhagen konnte problemlos geladen werden. Die Ostsee ist das Gegenteil der Nordsee. Gemütlich und ruhig, das Wasser kalt und der Himmel bewölkt – aber gerade deshalb so angenehm. Die Kinder konnten stundenlang Sandburgen bauen. Ein ganzes Königreich. Ich machte mich zu stundenlangen ausgedehnten Laufausflügen auf. Es gibt hier genug Schönheit zu entdecken. Am Hafen lernten wir Hendrik, einen der letzten Ostseefischer, kennen. Jeden Tag fährt er nachts hinaus und verkauft morgens seinen Fisch. Somit gab es bei uns in Boltenhagen täglich Fisch – und Nudeln für die Kleinen.

Die Rückreise beginnt: Tag 11
Die Rückfahrt war anstrengend. Auf der Karte sah die Schnellstraße durch Ostdeutschland recht geradlinig aus, weshalb wir auf den Autobahnumweg über Berlin verzichteten. Allerdings waren die Straßen hier überraschenderweise ähnlich schlecht wie in Italien, zudem furchtbare Ausbremsung durch allerhand LKW-Verkehr. Erst ab Magdeburg ging es wieder wirklich gut weiter. Drei Mal blieben wir zum Laden stehen. Allerdings vor allem weil die Kinder aufs Klo mussten oder einfach Pause brauchten. Ich wage gar nicht zu schreiben, dass wir für die 506km fast 8 Stunden brauchten – allerdings war das in erster Linie Stau, ungünstiger Streckenwahl und Pausen geschuldet. Dem E-Auto kann man hier keinen Vorwurf machen. Bei so langsamen Vorankommen wären cika 30 Minuten Ladezeit ausreichend gewesen.

Tag 12: 
Der letzte Tag brachte dann dafür wieder eine äußerst angenehme Autofahrt. Tempomat 110km/h, 432km in einem durch, unterbrochen von zwei Ladestopps (28min bei der Ritterburg) und nochmal 10 Minuten kurz nach Passau. 

Mein Fazit: Langsamer dafür entspannter!
Wir sind insgesamt 2242km gefahren, haben 611 kWh getankt und dafür 274 € bezahlt (inklusive Grundgebühr bei EnBw und Ionity für 1 Monat). Dafür hätte man 171 Liter Diesel (bei 1,6 €/Liter) kaufen können. Das wäre ein umgerechneter Verbrauch von 7,6l/100km. Das könnte ein vergleichbarer Bus bei max 110-120km/h auf der Autobahn auch schaffen. Ohne Stops. 

Andererseits muss man sagen, dass regelmäßige Stops und eher langsames Fahren bei minimalem Geräuschpegel einen ganz anderen Entspannungfaktor haben. Kein Vergleich zu unserer Schweden oder Toskanareise noch mit Diesel. Was uns auch freute war, dass unsere PV-Anlage in der Zeit unserer Abwesenheit etwa die selbe Menge Strom ins Netz eingespeist hat. Insgesamt war die Reise ein echtes Erlebnis hinsichtlich Technik, Natur und Familie. Jetzt übergebe ich wieder an meine Frau – die übrigens nun von einem Leben an der Nordsee träumt! Aber das erzählt sie euch ein anderes Mal. 

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