Es ist so weit. Ich bin schon ein Jahr länger von meiner Heimatstadt Gmunden weg als ich dort gewesen bin. 18 Jahre lang habe ich jeden Tag den See, die Berge, die historische Stadt gesehen. 18 Jahre lang war ich jeden Tag dort, wo andere Urlaub machen.
19 Jahre lang nun lebe ich nicht mehr in meiner Stadt, die immer meine Stadt bleiben wird. Auch wenn ich eine neue Heimat gefunden habe.
Alle paar Monate muss ich aber zurück und nachsehen, ob alles noch an seinem Platz ist. Der Traunstein, die schlafende Griechin, das Stadttheater, das Brandl, unser Fortgehlokal. Alle paar Monate verbinde ich mich dadurch neu mit meiner Vergangenheit. Die gut war, so wie sie war. Die mich aber weggeführt hat, vom vielleicht am besten komponierten Ort der Welt. Denn wo findet man eine idealere Kombination aus Wasser, Wald, schrofferen Bergen und historischer Altstadt?
Wie konnte ich nur überhaupt eine neue Heimat finden, die mich ebenso glücklich macht? Weil Heimat noch viel mehr ist. Heimat sind Menschen. Heimat ist ein zu Hause. Heimat ist gutes Essen. Heimat ist Geborgenheit. All das habe ich im kleinen Voralpenort Bad Hall gefunden oder besser gesagt mir geschaffen, gemeinsam mit meinem Mann. Und meinen Kindern. Und ich möchte nicht mehr weg. Denn das ist nun meine Heimat. Und ich hoffe sehr, dass auch meine Kinder hier immer gerne zurückkehren werden und an ihre Kindheit denken werden mit einem wohligen Gefühl im Bauch. Mit dem Geruch von Frischgebackenem in der Nase, mit dem Bild der blühenden Wiesen hinterm Haus vor ihrem inneren Auge. Mit einem Schmunzeln ob unseres Chaoses auf den Lippen.
Ich freue mich schon jetzt auf die Weihnachtsfeiern mit uns allen in 20 Jahren. Wieviele Enkelkinder werden wohl rund um unseren Baum stehen? Wenn alle meine fünf Töchter fünf Kinder bekommen – dann müssen wir ausbauen. Sonst geht sich das nicht aus.
Heimat – ich hatte sie 18 Jahre lang am See. Und habe sie nun mit meiner Familie in einem anderen Teil des Landes. Wieviele Menschen müssen ihre Heimat gerade verlassen auf Grund des Krieges – mit der Gewissheit, dass sie nie wieder in das Gekannte, Geliebte zurückkehren können?! Was das bedeutet? Ich kann es mir kaum vorstellen. Aber es schmerzt mich. Und schockiert mich. Und es muss endlich wieder aufhören. Dabei ist es nun schlimmer denn je. Nur rutschen in den Medien die Kriegsberichterstattungen bereits auf die unteren Ränge. Der Krieg in Europa ist business as usual geworden. Dabei ist eine Ausweitung des Konflikts eine permanente Bedrohung. Wir müssen für den Frieden einstehen. Denn nur er sichert die Zukunft unserer Kinder! Damit auch sie in die Vergangenheit blicken und an unbeschwerte Zeiten denken können. An Bilder voller Freude und Hoffnung. Ob am See oder im Hinterland. Egal in welchem Teil dieser Erde. Friede ist, was zählt.
Wie denkt ihr darüber?