Unter dem „steinzeitkommunistischen“ Regime der Roten Khmer verlor im Kambodscha der 70er Jahre cirka ein Viertel der Bevölkerung ihr Leben. „Dass er nicht wie zwei Millionen andere krepiert war, verdankte er einzig und allein dem glücklichen Zufall, darauf konnte er nicht stolz sein.“
Kim Mey lebt in P. bei Linz, ist Architekt, verheiratet, hat drei Kinder und wird nun 50 Jahre alt. Wie es sich gehört zum „Aufrechterhalten des Scheins einer guten Ehe“ plant seine Frau Ines eine Feier und sein jüngster Sohn Jonas hat sich eine besondere Überraschung einfallen lassen: Er lässt die Jugendfreundin seines Vaters, mit der dieser als 14-Jähriger von Kambodscha nach Österreich geflohen ist, aus Amerika einfliegen und bringt damit die schreckliche Vergangenheit in Kims Kopf zurück. Eine Vergangenheit, über die er nicht spricht. Nie gesprochen hat.
Erneut überzeugt Judith W. Taschler mit ihrer Fähigkeit, in die Psyche ihrer Figuren einzudringen und aus deren Biografien heraus Antworten zu geben. Sie verwebt durch unterschiedliche Erzählweisen mehrere Handlungsstränge: Das Geburtstagsfest in der Gegenwart, die Ereignisse in Kambodscha in den 70ern und die Jahre dazwischen.
Das Thema ist einmal mehr in Taschlers Biografie zu finden: Die 49-Jährige wuchs in Putzleinsdorf bei einer Pflegefamilie auf, die Anfang der 80er Jahre eine Flüchtlingsfamilie aus Kambodscha aufgenommen hat.
Judith W. Taschler, Das Geburtstagsfest, Droemer Verlag, 2019