Vom Ausstellungsverweigerer zum Sammlergeheimtipp
Auf der Suche nach einer Art Hof, (er)fand Thomas M. Mayrhofer den Art Hof. Seitdem produziert der gebürtige Kirchdorfer gesellschaftsanalytische Kunstobjekte aller Art. Plastik, Malerei, Grafik, Architektur, … all das vereint er und entwickelt seine eigene Kunst. Dass er dabei nicht nur an die Grenzen des technisch Machbaren, sondern vor allem auch an seine physischen Grenzen stößt, ist dabei unausweichlich. Ein Besuch bei einem Ausnahmekünstler.
Eigentlich war ich gerade mit meinen Kindern auf dem Weg in den Scharnsteiner Tierpark. Ich nahm die B20 fuhr durch Gmunden, in Richtung Scharnstein. Rechts von der Straße Wiesen und Wälder, links von der Straße ein paar Wälder und Wiesen. Dann ein paar Häuser. Wiesen. Wälder. Wiesen. Häuser. So ähnlich präsentiert sich die B20 in diesem Abschnitt. Ich passierte Kranichsteg. Wiesen. Wälder. Häuser. Sankt Konrad. Häuser. Wiesen. Wälder. Doch da. Was ist das? Zu meiner Linken – okay, ich war Beifahrer und hatte deshalb mehr als genug Zeit, aus dem Fenster zu schauen – eine Mauer mit eingearbeiteten Figuren. Nein. Köpfe. Nein, ein Mann, der Meter für Meter mehr in der Mauer verschwindet. Aha. Und das mitten im Nirgendwo. Sofort gab ich Anweisung umzudrehen um nocheinmal daran vorbeizufahren. Art Hof, stand da in großen Lettern. Ich tippte eine Notiz in mein Handy und wir drehten wieder um, schließlich hatten wir den Kindern den Tierpark schon fest versprochen.
Drei Wochen später fahre ich wieder die B20 Richtung Scharnstein. Diesmal allerdings ohne Kinder und mit Ziel Art Hof. Ein gut gestylter Mann Anfang Vierzig öffnet mir die Tür zu seinen Arbeitsräumen. Draußen im Hof spielt ein kleiner Junge mit seiner Mutter, die ein Baby im Arm hält, Fußball. Thomas Michael Mayrhofer ist ein Familienmensch. Und ein Kunstmensch. Als er 2002 den Art Hof „gegründet“ hat, war es sein Ziel, einen Ort zu haben, an dem sich seine Arbeit mit seinem Familienalltag verbinden lässt und dass alles an einem geographischen Punkt, der ihn schnell an die nächstgrößeren Kunstproduktionsstätten kommen lässt. Zufällig fiel das mit seinem Geburtsort Kirchdorf zusammen. Der Art Hof selbst gehört zu Sankt Konrad. St. Konrad, der Ort an dem der Art Hof steht. Genau, Mayrhofer steht für Sankt Konrad. Sankt Konrad steht für Mayrhofer. Wie auch immer.
Wer ihn finden will, findet ihn. Genau so ist es. Auch wenn der sportliche Ex-Uni-Dozent es so nicht geplant hatte, als er sich vor mehr als 10 Jahren aus dem Ausstellungsgeschäft zurückgezogen hatte. Genau zu diesem Zeitpunkt begann nämlcih eine Entwciklung in diesem Geschäft, die er nicht mehr vertreten konnte. Deshalb zog er sich zurück und produzierte einfach. Seine eigene Kunst. Zufällig traf er damit allerdings offenbar immer wieder genau den Trend der Zeit und avancierte somit zu einem der gefragtesten Künstler des Landes. Dabei kann Mayrhofer scheinbar alles. Er malt, er designt, er baut Skulpturen, er arbeitet mit dem Computer genauso wie mit Pinsel und Farbe, wie mit Säge, Stahl, Holz, Glas. Eigentlich gibt es kein Materialien, die Mayrhofer nicht verwendet. Auch keine Technik, die er nicht anwendet. Im Gegenteil. Er erfindet sogar neue Techniken. Schon des Öfteren ist es ihm dadurch auch passiert, dass er kopiert wurde. So zum Beispiel mit seinen Lichtobjekten, mit denen sein Erfolg so richtig begonnen hatte. Dann hört er eben auf damit und erfindet neues.
Bei all seinen Arbeiten beschäftigt sich Mayrhofer mit den Menschen. Dem Ursprung des Menschseins. Den Bedürfnissen. Den veränderten Bedürfnissen früher und heute. Der Suche als Weg der Menschen an sich. „Mich interessiert das Lebensbejahende“
Auch in seiner aktuellen Serie (Digitalprint auf Acryl) „Adam und Eva auf der Suche nach….“ Bildet st diese Suche das Zentrum des philosophischen Gedankenansatzes. Diese Urmenschen suchen dabei Adonis, Mars, Einander, den Sinn des Lebens eben. Diese Bilderserie ist auch die erste umfangreiche digitale Arbeit des Kunstgeschichtespezialisten. Er montiert dabei alte Gemälde aus dem 16./17. Jahrhundert über Bilder aus dem Internet und kreiert dadurch eine Collage aus Beobachtern und Beobachteten aus allen Jahrhunderten. Dass man sich als Käufer auch selbst ins Bild montierten kann ist ein kleines Special mit dem Mayrhofer einmal mehr den Trend der Kunstszene offenbar vorausgeahnt hat.
Gemeinsam mit seiner Katze – der letzten Überlebenden seiner vierköpfigen Katzenfamilie, seiner Frau und seinen beiden Söhnen erschafft Mayrhofer also umgeben von einer fast skaninavisch anmutenden Landschaft einen Ort, der beinahe für sich genommen schon ein Museum für zeitgenössische Kunst ergeben würde. Neben einem roten Apfel bestückt mit Zinnsoldaten steht da ein Metallschild in Schlangenform das uns „Please Peace“ anweist. Daneben Malereien von einer selten gesehen Präzision, die von Hinten mit Licht beleuchtet werden und mitten im Hof zwei überüberüberdimensionale Stühle. Hochstühle eben. Von denen Mayrhofer aus die gesamte Gegend überblicken kann. Auch den Badeteich, zu dem er sich nun gleich mit seiner Familie aufmachen wird. Mayrhofer ist eben ein Universalmensch. Zurückgezogener Künstler und Familienmensch zugleich. Geheimtipp und Bellaflora-Fassadengestalter. Auftragsarbeitender und nun mit seiner „Adam & Eva Serie“ endlich auch wieder Ausstellender. Kurz zumindest. Und das ist gut so, denn der Öffentlichkeit sollten diese Arbeiten, voll mit augenzwinkernder Gesellschaftsdarstellung wirklich nicht länger vorenthalten werden. Hereinspaziert also, im Art Hof, direkt an der B20. Wems nicht gefällt, der kann ja immer noch weiter in den Tiergarten fahren. Und sollte es Mayrhofer doch einmal zuviel werden mit den Besuchen, kann er immer noch seinen Gartenzwergsoldatenzaun aufstellen. Der hält bestimmt jegliche Eindringliche ab…
Auf der Suche nach Beständigkeit und Halt jagt er rastlos durch die Grenzgänge der verschiedenen Kunstrichtungen, erfindet Neues, erfindet sich selbst, immer wieder, immer neu. Mit dem zentralen Thema des Menschseins: Der Suche als Lebensweg.
Erschienen im Oberösterreichischen Kulturbericht – Folge 10 – Oktober 2011